Liebe Freunde.
Die Alte Henne hat Krallen und Flügel in den Schnee gehalten.
Wie das kam, werde ich Euch im Folgenden berichten.
Gute Freunde, mit denen wir seit Jahrzehnten die Tage um Christi Himmelfahrt verbringen, hatten für uns den Skiurlaub mit organisiert, damit wir mal testen können, wovon andere so schwärmen.
(Bei uns in der Familie konnte nämlich bis dato keiner Ski fahren.)
Also brachen wir in der vergangenen Woche auf in Richtung Österreich, wo wir uns im unteren Inntal im Skigebiet Serfaus - Fiss - Ladis trafen.
Quartier bezogen wir im Haus Bellevue im Serfaus im Ortsteil St. Zeno. Sehr zu empfehlen übrigens!
Das Mittelküken und ich hatten schon im Vorfeld beschlossen, die Berge nur zu erwandern. (Siehe letzter Betrag!)
Allerdings kamen wir in einer unglaublichen Bergkulisse dort an, mit strahlendem Sonnenschein auf den schneeweißen Gipfeln und unser netter Herbergswirt verzog verächtlich das Gesicht, als er von unseren Wanderabsichten hörte.
O-Ton: "Wie? Ihr wollts zu Fuaß gehn? Da hätts ja au glei zu Haus bleim könna." Aha.
Beschämt schlichen wir in den Ort, besorgten flugs Skipässe für die Henne und die Küken, liehen Ski, Stöcke, Schuhe und Helme, buchten einen Skikurs für 3 Tage und tranken auf die uns präsentierte Rechnung erstmal ein oder zwei Marillenbrände.
Der Hahn hatte sich für Langlauf entschieden und wurde dafür nicht kritisiert.
Am Sonntag vormittag dann begab ich mich mit meinen 2 Küken in die Katakomben des Skiverleihers, wo uns schon am Eingang der Duft nach Käsefüssen umwehte, leicht abgeschwächt durch einen elektrischen Diffuser, der mit Zitronenduft vergeblich gegen den Mief ankämpfte.
Was war das für ein Geschrei da unten! Kleine Kinder schrien sich die Kehle wund, während die Eltern rücksichtslos deren Füße in gipsbeinähnliche Skischuhe zwängten. Ich dachte noch kurz: Was für ein Theater! und dann versuchte ich selbst unter Schmerzen meine Füße in diese Dinger zu klemmen. Es ist gar nicht so einfach. Unmöglicher Einstiegswinkel!!
Sodann kleines Küken beim Snowboard - Kurs abgegeben und einmal komplett nass geschwitzt erreichten wir zum vereinbarten Zeitpunkt auch die graue Fahne (was für eine Assoziation!) an der sich die späten Anfänger einzufinden hatten.
UND DA WAR SIGGI!
Seines Zeichens im Sommer Maurer und Fliesenleger, im Winter Skilehrer. Geschätztes Alter irgendwo zwischen 50 und 60, Kettenraucher und Seelenmensch.
Und der nahm uns dann unter seine schwieligen Fittiche und mit auf den Übungshang.
Ich sage Euch, ich habe lange nicht mehr so viel anstrengende sportliche Betätigung erlebt.
Hang runter, seitlich wieder raufsteigen, Hang in der Hocke runter, seitlich wieder hoch, Hang auf einem Bein runter, seitlich wieder hochsteigen, Hang im Pflug runter seitlich wieder hoch, usw.usf.
2 unendliche Stunden lang.
Meine Füße haben in den Schuhen leise vor sich hin geköchelt, aber in der Mittagspause ausziehen war streng verboten. Der Siggi meinte, die bekämen wir nie wieder an, so wie unsere Beine anschwellen würden. Prima!
Nachmittags dann durften wir mit einem Lift den Berg hoch. Da klemmte man sich so ein tellerartiges Gerät an den Hintern und liess sich ziehen. Theoretisch!
Praktisch fielen einige unserer Mitgefangenen ständig ab und stoppten den Lift zwangsweise. Und das alles, während ein eisiger Schneesturm uns umwehte und mir eine Schneewehe unter meine Sonnenbrille schob. (Ihr erinnert Euch? Ich wollte ja wandern. Also keine Skibrille und auch keine Skijacke dabei ne?)
Der Siggi fand immer das richtige Maß zwischen Anbrüllen und Loben und nach ein paar filmreifen Stürzen und viel panischem Geschrei kamen wir alle 8 mehr oder weniger elegant den Berg hinunter.
Nach 3 Tagen Skischule haben wir uns dann alle unter die routinierten Wedler gewagt.
Das kleine Küken raste in wahnsinniger Geschwindigkeit mit dem Snowboard die roten Pisten runter, knallte auf die steinharte Oberfläche, verlor kurz das Bewusstsein, stand wieder auf und setzte seinen Weg fort.
Das Mittelküken und ich fuhren gemächlich die blauen Pisten (blau=leicht) etwa in Schrittgeschwindigkeit hinunter, wurden hin und wieder rüde angemotzt, weil wir im Wege waren und waren im Allgemeinen sehr glücklich über unsere neu gewonnenen Fähigkeiten und das traumhaft schöne Winterwetter. Es sind aber auch wirklich sehr schöne Ausblicke, die sich einem dort bieten. Am zweiten Tag waren wir schon in der Lage, zu einer Alm zu rutschen und uns dort für 2 Stunden in einen Liegestuhl zu begeben. So muss Urlaub sein!
Ski fahren lernen hat sich also in jedem Fall gelohnt. Trotz blauer Flecken, Muskelkater vom Feinsten und einem Sonnenbrand, hatte man am Abend das gute Gefühl, den ganzen Tag bei sportlicher Betätigung an frischer Luft verbracht zu haben.
Wer nun aber denkt, diese Art Ferien eignen sich dazu, etwas Gewicht zu verlieren, der liegt leider ganz falsch. Denn bei Germknödeln und Kaiserschmarrn und ausgiebigen Restaurantbesuchen am Abend ist das nicht ansatzweise möglich.
Auch fällt man bereits um 20 Uhr in einen komatösen Schlaf, aus dem man 10 Stunden später erwacht, mit Tränensäcken unter den Augen, die einem Bassett alle Ehre machen würden und sich mit steifen Knochen in Bad schleppt.
Ihr seht also, Serfaus ist eine Reise wert und Skifahren sollte man mal gelernt haben. Wer weiss, wozu das mal gut ist. Ich meine, Reiten habe ich auch gelernt ohne es zu praktizierten. Irgendwann kommt vielleicht der Tag, an dem es keinen Sprit mehr gibt und man sich ein Pferd fangen und satteln muss oder sich im Winter auf die selbstgeschnitzten Bretter schwingt um von A nach B zu gelangen. Wer weiss das schon?!
In diesem Sinne, Ski heil an alle, die noch auf den Pisten unterwegs sind und...
NEHMT VERDAMMT NOCHMAL RÜCKSICHT AUF DIE ANFÄNGER! Denn die müssen den Berg auch irgendwie runter, wieder hochklettern geht nämlich nicht, ich habe es versucht!!!